Ein Etikett, welches uns Deutschen gerne angehängt wird (und welches wir auch gerne tragen) ist, ein ganz allgemein recht effizientes Völkchen zu sein sein. Nicht nur beim Bilden von Komposita, sondern insbesondere auch was die Energieeffizienz angeht.
Die Broschüre „Energie in Deutschland (PDF)“ des Bundeswirtschaftsministeriums zum Beispiel enthält auf Seite 25 ein beeindruckendes Chart, welches stolz verkündet, daß in Deutschland seit 1990 der Energieverbrauch pro Person von 188 auf 163 GJ (also von 143 KWh/Tag auf 125 KWh/Tag) gesunken ist. Der Energieverbrauch pro 1000€ Bruttosozialprodukt ist sogar noch stärker gefallen: Von 8,6 GJ auf 6.1 GJ. In 1000€ Bruttosozialprodukt stecken heutzutage also etwa 1700 KWh Energie. 1990 waren es noch 2400 KWh.
Sind wir in Deutschland also Energieeffizienzweltmeister? Wie stehen wir im Vergleich zu anderen Ländern dar? Um diese Frage zu beantworten, habe ich frei verfügbaren Daten der Weltbank herangezogen. Dort gibt es Daten zu „GDP per unit of energy use (constant 2005 PPP $ per kg of oil equivalent)“ für fast alle Länder dieser Welt von 1980 bis 2009. Eine Fundgrube für den Wattrechner! Also legen wir los.
Wie gut ist die absolute deutsche Energieeffizienz (also die 1700 KWH pro 1000€ Bruttosozialprodukt) im Vergleich?
Laut Weltbank hatte Deutschland in 2009 einen Wert von 8,27 $ (normiert auf das Jahr 2005) Bruttosozialprodukt pro kg Öl-Äquivalent. Die Weltbank verwendet also andere Einheiten für Energie und Geld als das BMWi. Zum Glück stört das aber nicht, denn wir wollen ja nur relative Entwicklungen vergleichen. Also Länder untereinander oder die Entwicklung eines Landes über die Zeit. Nehmen wir also einfach an, daß die 8,27$ pro kg Öl den 59 Cent (=1000/1700) pro KWh des BMWi entsprechen. Ist Deutschland Weltmeister?
Nein. In der Gruppe der Länder mit besseren Werten als der Durchschnitt (5,47 $/kg Öl) liegt Deutschland in der oberen Hälfte auf Platz 28. Also immerhin Endrunde. Weltmeister allerdings ist Hong Kong mit einem Wert von 18,45 $/kg Öl. Die Schweiz und Großbritannien liegen knapp über 10 $/kg Öl. Aber Deutschland hat ja nun eine recht energieintensive Industrie, braucht also ein relativ hohes Niveau von Energieeinsatz für jeden Euro Bruttosozialprodukt Also weiter mit Frage Nummer Zwei:
Wie gut ist die Verbesserung der Energieeffizienz im Vergleich?
Auch hier schauen wir auf die Weltbankdaten und vergleichen den Zeitraum 1980 bis 2009. Ergebnis: Achtelfinale, Platz 15 mit 81% Verbesserung seit 1980. Weltmeister ist China – beeindruckende 326% Effizienzverbesserung, allerdings ausgehend von einem extrem niedrigen Niveau im Jahr 1980. Die absolute Energieeffizienz von China ist auch heute erst knapp halb so gut wie in Deutschland. Interessant zwei weitere Kandidaten: USA auf Platz 12, mit 107% Verbesserung auf ein Niveau von ca. 70% des absoluten deutschen Wertes; und Frankreich auf Platz 41 mit nur 27% Verbesserung, dessen absoluten Effizienzwert Deutschland seit dem Jahr 1991 übertroffen hat.
Das Diagramm unten zeigt die Entwicklung für ausgewählte Länder und Regionen. Alle Zahlen wurden auf einen gemeinsamen Startwert von 100% im Jahr 1980 normiert. Zum Vergleich habe ich zusätzlich die Entwicklung des Ölpreises (Jahresendwert laut Wikipedia) hinzugefügt.
Man sieht, daß die Welt und die Euro Länder als ganzes ihre Energieeffizienz seit 1980 um ca. 1,2% pro Jahr gesteigert haben, heute also pro eingesetzte KWh 34% bzw 42% mehr Bruttosozialprodukt erzeugen können. Für Deutschland hat sich die Effizienz um 2% pro Jahr verbessert. Schaut man gleichzeitig auf den Ölpreis, und nimmt stark vereinfachend an, daß der Ölpreis das Preisniveau von Primärenergie grob nachbildet, so heißt das:
Deutschland ist zwar effizienter geworden, zahlt aber heute für jeden Euro Bruttosozialprodukt ungefähr den gleichen Anteil für Energie als 1980. Ebenso die USA. Für andere Länder gilt das nicht: Im Durchschnitt muß heute pro $ Bruttosozialprodukt das doppelte für Energie aufgewendet werden als von 30 Jahren. Vorsprung durch Technik – aber Energieeffizienzverbesserungsweltmeister sind wir noch nicht. 1992 waren wir schon mal auf dem achten Platz – da geht also noch was!