Zur Energiebilanz des Ostereis

Egal wie das Wetter zu Ostern ist – ein buntes Osterei (vom Huhn, nicht aus Schokolade) gehört zum Osterfrühstück wie das Glöckchen zum Osterhasen (dem aus Schokolade, nicht aus Hase).

Wie viele Kilowattstunden stecken in einem Ei? Nichts wofür es keine detaillierte wissenschaftliche Analyse gäbe – schauen wir also nach in: Legehuhnzucht und Eiererzeugung Empfehlungen für die Praxis (PDF), herausgegeben vom Bundeslandwirtschaftsministerium.

Der interessierte Wattrechner findet dort zunächst (auf Seite 162), daß der „Wirkungsgrad“ eines Huhns (also Kilogramm Eier zu Kilogramm Futter) sich zwischen 1968 und 2001 um sage und schreibe 63% verbessert hat. Interessanterweise ist das die gleiche prozentuale Verbesserung wie beim Wirkungsgrad von Braunkohlekraftwerken im gleichen Zeitraum.

Aber zurück zur Energiebilanz des Ostereis. Dazu schauen wir ab Seite 168 auf die CO2-Bilanz: Für ein ökologisch „hergestelltes“ Ei werden ca. 1,5kg CO2 bzw. CO2-Äquivalent (wie zB Methan) pro Kilogramm erzeugt. Der „ökologische Rucksack“ eines Freilandeis ist damit (pro Gramm) doppelt so gut wie für Hühnerfleisch und 6x so gut wie für Rindfleisch. Ein Ei wiegt 65 Gramm – bei der Erzeugung sind also umgerechnet 100 Gramm CO2 angefallen. Genau so viel, als wenn:

Also: Ein Ei hat den gleichen CO2-Fußabdruck wie 177 Wattstunden oder 0,18 KWh im deutschen Strommix erzeugten Stroms. Und der Schokoladenhase mit dem Glöckchen? 50 Gramm Schokolade enthalten 125 Wattstunden graue Energie. Alufolie benötigt zur Erzeugung 13 Wattstunden pro Gramm. Der Schokohase wiegt verpackt 52 Gramm und enthält somit insgesamt 151 Wattstunden graue Energie, oder 3 Wattstunden pro Gramm Gesamtgewicht. Seltsamerweise fast exakt der gleiche Wert wie für das Ei.

Guten Appetit!

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Ein Drittel des Stroms aus der Sonne – April, April?

Kein Aprilscherz: Am 1. April 2012 – bei strahlendem Frühlingswetter – wurden um 13 Uhr tatsächlich 16 Gigawatt (GW) erzeugt, fast ein Drittel der gesamten Stromerzeugung in Deutschland von etwas über 50 GW. Rechnen wir noch Windkraft hinzu, dann wurde die Hälfte des Mittagstroms aus erneuerbaren Energien erzeugt. [Hinweis: Die oben verlinkten schönen Übersichtsbilder stellt eex leider nur für den aktuellen Tag bereit – die tatsächlichen Daten des 1. April 2012 lassen sich aber über das Menü „Stromerzeugung“ einsehen und herunterladen]

Von den ca. 2 KJ, die am ersten Sonntag im April mittags im Biergarten zur Kühlung eines leckeren Weissbiers aufgewendet werden mußten (für jedes zwischen Keller- und Schanktemperatur herunterzukühlende Grad), stammt also 1 KJ aus nachhaltiger Erzeugung. Fein.

KJ? GW? Hier ein kurzer Exkurs angebracht. KJ steht für „Kilojoule„, eine Energieeinheit, GW für „Gigawatt„, eine Leistungseinheit. Ein Joule Energie erzeuge ich, wenn ich ein Watt Leistung eine Sekunde lang aufrechterhalten kann. Wer sich also 20 Minuten mit 200 Watt auf dem Hometrainer abrackert, erzeugt (20x200x60) 240.000 Joule, oder 240 Kilojoule (KJ). 240 Kilojoule nun kann man sich vorstellen – die entsprechen nämlich ca. 60 Kcal, oder gerade mal 150ml Weißbier.

Eine andere Einheit für Joule, oder „Wie viel Leistung, wie lange“, ist die Leistungseinheit (und Namengeber dieses Blogs) Watt mal der Zeiteinheit Stunde, also die Wattstunde (Wh) – oder gebräuchlicher tausend Wattstunden, die Kilowattstunde (KWh). So eine Kilowattstunde scheint nicht viel zu sein: Als Strom kostet sie gerade mal 25 Cent. Aber was bedeutet eine KWh am Heimtrainer? Fünf Stunden lang mit 200 Watt treten. Wer das schafft, der schafft auch die Tour de France

Inspiriert von David MacKay’s „Without the Hot Air“ werde ich auch in diesem Blog versuchen, so viele Zahlen wie möglich auf die Größe „Eine Kilowattstunde pro Tag pro Person“ zu normieren. Ein 60°C Waschgang. 1500 Meter Autofahren. Fünf Stunden verschärftes Fahrradfahren. Oder zwei Maß Bier.

Aber nun zurück zu den 16 Gigawatt Sonnenstrom. Ist das viel? Wie viele KWh pro Tag und Person hat denn jeder Deutsche am 1. April aus Solarstrom bezogen? Dazu dürfen wir – wie ein Bild auf die Produktionskurve zeigt, natürlich nicht einfach 16 GW mit 24 Stunden multiplizieren. Die Sonne scheint ja nur am Tag.

Die Aufsummierung der Solarstromerzeugung über den Tag mit 11 Sonnenstunden ergibt 123 GWh, 12,5% der gesamten Stromerzeugung in Deutschland am ersten April. Rekord für 2012 (bis jetzt).

Pro Person sind das 1,5 KWh/Tag/Person – ungefähr soviel Energie, als ob jeder Deutsche die ganzen 11 Sonnenstunden lang am Hometrainer mit 140 Watt Leistung getreten hätte. Oder gut zwei Kilometer mit dem Auto gefahren wäre. Oder so viel Energie wie der Kalorieninhalt von drei Maß Bier.

Der Vergleich mit dem Auto hilft nun auch, den Rekordwert von 12,5% Solaranteil an der Stromerzeugung einzuordnen. Jeder Deutsche verbraucht (Erzeugung gleich Verbrauch, Deutschland erzeugt im Mittel so viel Strom wie dort auch verbraucht wird) zwar nur 1,5 / 12,5% = 12 KWh/Tag/Person Strom, allerdings 125 KWh/Tag/Person sogenannte Primärenergie. Primärenergie ist Kohle für’s Kraftwerk, Benzin für’s Auto, Diesel für den LKW und vieles mehr. Allein 23 KWh/Tag/Person Primärenergie werden als Kraftstoffe für Transportleistungen (Personen- und Güterverkehr) verbraucht.

Also: Ein gutes Prozent (1,5 zu 125 KWh/Tag/Person) der Energie, die jeder Deutsche am 1. April verbraucht hat, kam aus der Sonne in Form von Photovoltaik. Mehr dazu – und zu den anderen 99% – in zukünftigen Wattrechnereien!

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Willkommen!

Hallo! Mein Name ist Rolf Kersten. Seit ich 1988 den ersten Hauptsatz der Thermodynamik verstanden habe, bin ich vom Energievirus infiziert.

Heute, im Jahr 2012, ist der Energiemarkt spannender denn je: Energiewende, Atomausstieg, der Siegeszug von massengefertigter Photovoltaik und Windkraft, Elektromobilität und vieles mehr.

Das alte, für die IT abgewandelte Statistik-Zitat „Glaube keinem Benchmark, den Du nicht selbst gefälscht hast“ gilt allerdings auch für den Energiemarkt. Sowohl bei IT als auch bei Energie muß man sich häufig durch ein Netz von Zahlen wühlen und diese in Beziehung setzen, bevor man sich ein fundiertes Bild machen kann.

Zahlen aus dem Bereich Energie in Beziehung zu setzen, um sie besser einordnen und Nachrichten besser verstehen zu können, darum soll es in diesem Blog gehen. Rechnen mit Zahlen zu Leistung und Energie, „Wattrechnen“ eben.

Dabei möchte ich mich von dem Motto von David MacKay, dem Autor des sehr empfehlenswerten Buches „Sustainable Energy – without the hot air“ und ultimativen „Wattrechners“, leiten lassen:
 „I’m absolutely not anti renewables, I’m pro arithmetics

Viel Spaß beim Lesen und Nachrechnen!

Rolf

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