Die Cloud ist grün

Gestern hat Greenpeace eine Studie „How green is your cloud (PDF)“ vorgestellt. Ein Thema, was auch mich schon länger umtreibt. Im wesentlichen werden bei Greenpeace zwei Punkte thematisiert:

  1. Das Internet (heutzutage gerne als „Cloud“ bezeichnet) verbraucht zunehmend viel Strom
  2. Dieser Strom kommt in vielen Fällen nicht nachweisbar aus „grünen“ Quellen.

In diesem Artikel möchte ich Punkt (1) näher untersuchen. Greenpeace sagt, daß von 2005 – 2010 der Stromverbrauch von Rechenzentren um 56% gestiegen ist, weil dort mehr und mehr unserer Daten verarbeitet werden. Man könnte diese Studie daher so verstehen, daß die Cloud den Trend zu immer mehr persönlichem Stromverbrauch verstärkt.  Dem möchte ich entschieden widersprechen: Denn die Betreiber von Cloud Rechenzentren zähle ich zu der in meinem „Wie setzten sich die 125KWh Energieverbrauch pro Tag und Person zusammen?“-Bild zur Gruppe „Industrie“. Dort ist seit 1990 der Stromverbrauch um 17% gesunken, relativ zum Bruttosozialprodukt noch viel mehr. Warum? Weil in der Industrie Stromverbrauch ein maßgeblicher Kostenfaktor ist, der ständig optimiert wird. Ganz im Gegensatz zu den Privathaushalten, wo ein paar KWh mehr anscheinend nicht so schmerzen.

Aus energetischer Sicht ist Cloud Computing also effizient, weil für die Betreiber von Rechenzentren Strom einer der größten Kostenblöcke ist. Jede gesparte KWh pro Kunde bedeutet mehr Gewinn.
Cloud Computing hat damit grundsätzlich das Potential, Rechenleistung vom tendenziell ineffizienten IT-Betrieb zu Hause durch hocheffizienten, zentralisierten IT-Betrieb in der Cloud zu ersetzen. Gut im Sinne der Energieeffizienz.

Nehmen wir als konkretes Beispiel meine Infrastruktur zu Hause. Ich betreibe einen Homeserver auf einem EeePC der ersten Generation, der 450 Wh Strom am Tag verbraucht. Ein halbe Kilowattstunde, mehr als ein moderner Kühlschrank. Dieses Blog dagegen wird bei Strato gehostet, also in der „Cloud“. Wie viel Strom verbraucht es wohl?

Im Jahr 2009 hat Strato verkündet, daß seine zwei Rechenzentren mit 40.000 Servern so viel Strom verbrauchen wie 5000 4-Personen-Haushalte. Das sind (wieder anhand meiner Lieblingstabelle, den BMWi Energiedaten, umgerechnet) 94.000 KWh am Tag. Auf den 40.000 Servern werden vier Millionen Domains gehostet. Manche davon brauchen mehr Leistung, andere weniger – ich nehme hier mal an, daß der Wattrechner etwa in der Mitte liegt. Wenn sich mit 94.000 KWh also ungefähr vier Millionen Wattrechner betreiben lassen, so verbraucht ein www.wattrechner.de 24 Wh am Tag – fast 20x weniger als mein schon sehr sparsamer EeePC Server zu Hause.

Woran liegt das? An der Serverauslastung, und damit eigentlich an der Effizienz „Rechenzyklen pro Strom“. Auch ein Server, der nichts zu tun hat, braucht Strom – und mein Server zu Hause hat meist nichts zu tun, sondern wartet, daß wir etwas von ihm wollen. Bei Strato in der Cloud hostet jeder Server um die hundert Domains wie www.wattrechner.de – er hat also immer was zu tun, die Auslastung ist viel höher. Ein vollbesetzter ICE ist ja auch viel effizienter als die hundert Autos mit jeweils nur einem Fahrer auf der Autobahn daneben.

Ist noch mehr Effizienz möglich? Allerdings. Die Anzahl an Rechenoperationen pro Energieanteil verdoppelt sich alle 1,5 Jahre. Bald wird Strato pro Server also 200, später 400 Blogs wie dieses hosten können. Ein modernes Smartphone hat zwar nicht 500GB ausfallsicheren Speicherplatz wie mein Homeserver, kann aber in der reinen Rechenleistung mit meinem vier Jahre alten EeePC mithalten. Und das – bei gelegentlicher Benutzung – mit einer Akkuladung , also typischerweise 5,5 Wattstunden Energie am Tag!

Es mag viele Bedenken zur Cloud geben (Sind meine Daten sicher? Komme ich an meine Daten wenn das Internet gestört ist? Wie lange dauert es, große Datein zu laden usw) – der Stromverbrauch der Cloud-Rechenzentren sollte jedoch unsere geringste Sorge sein.

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