Strom Sparen im Haushalt – Die Suche beginnt, Teil 2

In Teil 1 von „Strom Sparen im Haushalt – Die Suche beginnt“ hat Ingo Scheuermann von Grünspar.de leidenschaftlich die Motivation beschrieben, warum Stromsparen im Haushalt wichtig ist: Es sind konkrete und für den Einzelnen unmittelbar faßbare Erfolge möglich. Als erste faßbare Maßnahme haben wir die Beleuchtung diskutiert, und wollen nun mit den Themen Thermostop und Standby-Verbrauch fortfahren.

Also überlasse ich wieder Ingo das Wort:

Der Thermostop

Einer der größten Verbraucher in vielen Haushalten ist der Elektroboiler. Klassischer Energieverschwender. Die pragmatischste Lösung hat der Autor schon vorweggenommen: Einfach eine Gastherme kaufen. Ok. Das kommt aber nicht für jeden in Frage. Eine neue Therme kostet viel Geld.

In einem Untertischboiler wird 24 Stunden am Tag das Warmwasser aufgeheizt. Unabhängig davon, ob es auch wirklich benötigt wird oder nicht. Der klassische Ansatz war eine Zeitschaltuhr, die den Boiler zu Nacht- und Arbeitszeiten ausschalten konnte. Aber auch in solchen Fällen wurde der Strom schlichtweg verschwendet. Der Thermostop ist ein einfaches Mittel, um diesem Problem entgegenzuwirken. Er wird zwischen Untertischboiler und Steckdose gesteckt, per Fernschalter aktiviert und lässt damit nur dann Stromverbrauch zu, wenn in Kürze Warmwasser benötigt wird.

So kann richtig viel gespart werden. Wie viel wird klar, wenn man sich die ganze Sache kurz anhand von Zahlen ansieht:

  • Standby-Verbrauch Boiler pro Tag: 0,8 kWh
  • Preis pro kWh: 25 Cent
  • Jahres-Standby-Verbrauch: 0,25€/kWh * 0,8kWh * 360 Tage = 72 Euro

Standby Verbrauch

Einer der großen Verschwender sind im analysierten Haushalt Standby-Geräte. Mir gefallen die genannten Beispiele vor allem deswegen, weil sie mal aufzeigen, dass es mehr versteckte Verbraucher gibt, als nur die typische Stereoanlage oder das Heimkino. Standby-Verbraucher verstecken sich in so gut wie allen Räumen eines Haushalts. Mikrowelle, Kaffeemaschine, Modem, Fön, PC, Anlage, Toaster, Tischlampen. Wo man auch hinsieht, Stromverschwendung.

Es ist absolut lästig, bei einer gut verkabelten Wohnzimmerwand jedes mal den Schalter zu suchen, um die Geräte vom Strom zu trennen. Hier macht uns die Gewohnheit einen Strich durch die Rechnung. Die meisten Verbraucher sind nicht gewillt, diesen zusätzlichen Gang abends vor dem ins Bett gehen noch zu gehen. Deshalb wird verschwendet. Ich möchte gerne zwei Methoden vorstellen, die dieses Problem lösen und den Alltag nicht nur günstiger sondern komfortabler denn je gestalten:

1.) Der Standby-Killer

Der Name ist Programm. Eine geniale kleine Erfindung, die das Faulheitsproblem für immer löst. Was wäre, wenn sich der Fernseher absolut automatisch vom Strom trennt, sobald auf der Fernbedienung der Ausknopf gedrückt wird? Genau das passiert bei dieser Erfindung. Der Standby-Killer erkennt die Infrarotsignale der Fernbedienung und trennt den Fernseher vom Strom.

Eine elegante Lösung, auch wenn sie erstmal nur für den Fernseher funktioniert.

 2.) Funksteckdosen

Wer mehr als nur einen Fernseher vom Strom trennen möchte, der sollte mal eine Funksteckdose ausprobieren. Gekoppelt mit einer Steckdosenleiste ist sie auf jeden Fall universal einsetzbar. Die Steckdosenleiste wird mit allen Standby-Geräten des Systems bestückt. Danach wird sie in die Funksteckdose gesteckt, die letztendlich in der Steckdose hängt. Per Fernbedienung kann jetzt die Funksteckdose und somit alle daran hängenden Geräte vom Strom getrennt werden. Ein kleines Rechenbeispiel vergegenwärtigt auch hier die möglichen Einsparpotentiale:

  • System: PC (3W) , Tintenstrahl-Drucker (6W), Monitor (5W), Scanner (8W)
  • Verbrauch pro Stunde: 0,022 kWh
  • Verbrauch pro Tag (24h): 0,528 kWh
  • Verbrauch pro Jahr: ca. 190 kWh
  • Kosten pro Jahr: 47,50€

Zurück zum Haushalt der Analyse:

219 kWh pro Jahr Standbyverbrauch können durch Kombinationen aus Funksteckdosen und Steckdosenleisten gekillt werden. Das entspricht einer Einsparung von weiteren 54,75 Euro pro Jahr.

Wie bei jedem Heimwerker-Thema (auch wenn dieses hier ein spezielles ist), gilt der eiserne Grundsatz: Es gibt immer etwas zu tun!

Zu meinem Gastautor heute: Ingo Scheuermann, 28, Head of Online Marketing bei der Grünspar GmbH, Deutschlands führendem Onlineshop zum Thema Energie sparen – http://www.gruenspar.de

Das Haus des Wattrechners hat zum Glück keine Elektroboiler – selbst bauen kostet zwar Nerven im Kilopfundbereich, aber läßt einem immerhin die Freiheit zu entscheiden, ob man den für die Heizung ans Haus gelegten Primärenergieträger auch zum Kochen und Warmwasserbereiten benutzen will.

Doch Standby-Verbraucher gibt es in einem Geek-Haushalt natürlich wie Sand am Meer! SAT Multischalter, Fritzbox, Server, Laptops, Drucker, Fernseher, Wii Spielkonsole und so weiter.

Hier werde ich in nächster Zeit mal, wie von Ingo vorgeschlagen, mit Funksteckdosen experimentieren. SAT-Multischalter außerhalb der „Fernsehzeiten“ (inklusive Aufnahmezeiten!) ausschalten? Fritzbox außerhalb der Computer- und „Anruf erwarten“-Zeiten ausschalten? Ist das praktikabel? Mehr dazu in Zukunft in diesem Blog.

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Strom Sparen im Haushalt – Die Suche beginnt, Teil 1

Hier kommt der Strom

Hier soll so wenig Strom wie möglich gezapft werden

Vor zwei Wochen habe ich mich auf die Suche nach den größten Strom-verbrauchern in meinem Haushalt gemacht. Ich fand uns schon ganz gut optimiert bei den „Großverbrauchern“ (Waschen, Spülen, Kühlen…) und der Beleuchtung, mit allerdings noch großem (wenn auch schwierigen) Optimierungs-potential beim Stand-By Verbrauch unserer Unterhaltungselektronik.

Ingo Scheuermann von Grünspar.de hat diesen Artikel gelesen und sein professioneller Ehrgeiz war geweckt: Warum sollte man überhaupt zu Hause stromsparen? Und mit welchen Technologien kann ich (Rolf) zu Hause selbst noch weiter sparen? Sicherlich beim Standby-Verbrauch, aber nicht nur dort.

Ich möchte diese Diskussion gerne als mehrteiliges „Virtuelles Zwiegespräch“ zwischen Ingos Gastbeiträgen, mir und hoffentlich vielen Eurer Kommentare anlegen. Im ersten Teil geht es um die Motivation zum Stromsparen und die Beleuchtung. Weitere Teile zu Thermostop, Standby-Verbräuchen und Vorschaltgeräten für Wasch- und Spülmaschinen folgen.

Aber jetzt soll Ingo das Wort haben:

Strom sparen – Die Suche beginnt

Ich kann nur jedem empfehlen, genau wie Rolf eine Stromverbrauchsbilanz für den eigenen Haushalt zu machen: Schnappt euch ein Energiekostenmessgerät und geht auf die Suche! Es ist einfacher als gedacht und wird schnell zur echten Sucht.

Massenfähigkeit – Was ist abstrahierbar?

Aber wir wollen nicht vorweggreifen. Denn zu Anfang ist mir vor allem ein Punkt wichtig: Der Verlust der Primärenergie bei der Produktion einer kWh Strom und die damit zusammenhängenden Implikationen für den Einzelnen. Ein typisches Dilemma der Energieeffizienzpolitik in Deutschland ist das Identifikationsproblem. Was man nicht sieht, wird einem auch einfach nicht klar. Auch mehrfaches Erklären stößt da oft auf taube Ohren. Es ist die Massenfähigkeit von Argumenten, die dieses Dilemma beschreibt. Fähig für die Massen ist nur, was einfach verständlich, ohne Umschweife anwendbar und vor allem auf den ersten Blick als die einzig logische Alternative erscheint. Um das Energieeffizienzproblem in den Griff zu bekommen, können daher meiner Meinung nach nur Maßnahmen greifen, die auch massenfähig sind.

Das Problem an der Sache liegt eigentlich auf der Hand und ist vielfach übertragbar: Ich mache mir die Mühe und rechne mir aus, was mein Toaster bei jedem Toast verbraucht. Ich weiß also: Ich zahle einen bestimmten Betrag an Strom für das Toasten eines Toasts. Was von mir verlangt wird, ist allerdings viel komplizierter. Ich soll nicht nur bei jedem Toast wissen, was ich bezahle, ich muss mir im Klaren darüber sein, was die Umwelt bezahlt. Welchen ökologischen Fußabdruck ich hinterlasse ist für Forscher und für die Umwelt hoch interessant, für mich allerdings zu abstrakt. Und genau da liegt der sprichwörtliche Hund begraben. Es ist eine große Herausforderung für jeden, sich über seine eigenen Kosten bewusst zu sein. Diese Kosten dann zu abstrahieren ist eine Aufgabe, die man unmöglich von jedem Einzelnen verlangen kann.

Was können wir also noch tun?

Und damit zurück zum Kern des Problems: Wie kann ich meinen aktuellen, sehr realen, eigenen Energieverbrauch im Bereich Strom senken. Das Fallbeispiel des Artikels ist perfekt für eine kleine Analyse, um aufzuzeigen, wie viel Strom an welchen Stellen wirklich gespart werden kann, siehe Verbrauchs-Aufteilung im Artikel.

Vorab gesagt: 7kWh Tagesverbrauch in einem 4-Personen Haushalt ist eine extrem gute Bilanz und kann sich wirklich sehen lassen. Richtig verstanden wurde auch, dass diese Bilanz wahrscheinlich maßgeblich von vielen Energiesparmaßnahmen beeinflusst wurde (Energiesparlampen und Co.).

Als Energiesparexperte ist mir eins schnell klar geworden: It never stops. Egal wie gut und effizient der Haushalt schon ausgerichtet ist, es gibt immer die Möglichkeit, effizienter zu sein. Wo? Das möchte ich euch jetzt zeigen:

Die Beleuchtung

Dafür benötigt es eigentlich nur eines einzigen Wortes: LED. Energiesparlampen sind löblich und gut. LEDs sind einfach besser. Es gibt kein Wenn und Aber, LEDs sind die einzige wirkliche Alternative, wenn es um Energie sparende Beleuchtung geht. Um das kurz klar zu machen, stellen wir die beiden Leuchtmittel mal kurz einander gegenüber:

Energiesparlampe LED Lampe
Lebensdauer (in Stunden) 10.000 Stunden 35.000 Stunden
Lebensdauer in Jahren 10 Jahre 35 Jahre
Schaltfestigkeit Bis zu 600.000 Bis zu 800.000
Energieeffizienz A – B A – B
Ersatz für eine 60W Glühbirne 11W Ab 8W

Das zusätzliche Einsparpotential ist verschwindend gering. Auch wenn führende Leuchtmittelhersteller gerne mal die relative Ersparnis von fast „30% zusätzlich“ anführen, geht es absolut um Centbeträge. Anstatt 0,011 kWh verbraucht eine LED nur 0,008 kWh. Hochgerechnet auf das Jahr (1.000 Stunden Brenndauer), macht das 11 kWh im Vergleich zu 8 kWh pro Jahr, also eine zusätzliche Ersparnis in Höhe von 3kWh * 0,25€/kWh = 0,75€. Wohlgemerkt pro Lampe. Wenn ein Haushalt 20 Lampen besitzt, kommt da schon über die Jahre etwas zusammen, allerdings keine großen Beträge. Es ist noch anzumerken, dass die LED bei höheren Wattagen besser skaliert als die Energiesparlampe, die Differenz also geringfügig größer wird, je höher die zu ersetzenden Wattagen sind.

Die tatsächliche Ersparnis liegt woanders. Bei der Anschaffung. LED-Lampen halten länger und sind robuster gegen Kurzschlüsse und häufiges An- und Ausschalten. Auch der ständige Weg zum Fachmarkt muss dabei berücksichtigt werden.

Am Ende ist es eigentlich keine Frage des Geschmacks. LEDs halten länger, machen ein angenehmeres Licht, schalten schneller und sind geräuschlos. Außerdem sparen sie noch mehr als Energiesparlampen. Wer jetzt seine Glühbirnen austauscht, der ist gut beraten direkt auf LED umzusteigen.

Zum meinem Gastautor heute: Ingo Scheuermann, 28, Head of Online Marketing bei der Grünspar GmbH, Deutschlands führendem Onlineshop zum Thema Energie sparen – http://www.gruenspar.de

Zurück zum Haus des Wattrechners. Dort sind 14 E14 und 11 E27 Energiesparlampen mit 9-11 Watt im Einsatz, 17 Halogenlampen mit Stecksockel um die 20 Watt, und 3 LED Spots mit je 1 Watt. Wenn ich auf den Grünspar.de Shop schaue, finde ich bereits LED Lampen für E14 und E27 und die größeren der Stecksockel. In den ersten drei Jahren habe ich bestimmt schon fünf der E14+E27 Energiesparlampen ersetzen müssen, dazu noch einige der Halogenstrahler.

Ingo sagt, LED Lampen halten bis zu 4x so lange wie Energiesparlampen, und sind standfester Schaltvorgängen gegenüber. Dafür kosten sie auch 3x so viel. Trotzdem lohnen sie sich – die Entscheidung ist gefallen: Defekte E14/E27 Energiesparlampen werden in Zukunft durch LEDs ersetzt.

Nur habe ich den Verdacht, daß ein Großteil meines Beleuchtungs-Stromverbrauchs von den 20W-Stecksockel Lampen (Schreibtisch/Leselampen und Niedervoltbeleuchtung in den Kinderzimmern) verursacht wird – wollen wir hoffen, daß es da bald LED Alternativen am Markt gibt!

Was meint Ihr? Habt Ihr schon Erfahrungen mit LED? Halten die wirklich so lange wie versprochen? Sind sie angenehmer als klassische Energiesparlampen? Schreibt einen Kommentar und diskutiert mit!

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Besser das Panel auf dem Dach als der Spiegel in der Wüste

Turbine im Kraftwerk Moabit

Turbine im Kraftwerk Moabit, Berlin

Ich mag große Maschinen. Auch aufgrund des Skaleneffekts: Je größer, je effizienter. Einer der Gründe, warum ich Cloud Computing für grün halte.

Aber gilt das auch für Kraftwerke, beziehungsweise Stromerzeugungsinfrastruktur allgemein? Muß man die Photovoltaikanlage auf dem bayerischen Hausdach belächeln, weil sie sich im verregneten Deutschland nur mit Subventionen rechnet? Wäre erneuerbare Großtechnologie, wie Offshore Windenergieparks oder riesige Solarkraftwerke in Nordafrika, nicht viel effizienter und kostengünstiger?

Nicht unbedingt. Die Studie „Stromgestehungskosten Erneuerbare Energien“ des Fraunhofer Instituts für Solare Energiesysteme rechnet nämlich sehr interessant. Neben den reinen Investitions- und Betriebskosten bezieht sie auch Kapitalkosten mit ein. Großtechnologie ist kapitalintensiv. Je größer, je effizienter, aber auch risikoreicher: technische Probleme haben viel größere Auswirkungen. Das heißt Investoren wollen einen Risikoaufschlag, die Kapitalkosten steigen, und damit auch die Stromgestehungskosten.

Zweitens ist das Zinsniveau zu beachten. Im verregneten Deutschland gibt es für die Photovoltaik zwar nur 1100 Volllaststunden pro Jahr, im Gegensatz zu fast 2000 Volllaststunden in Spanien. Aber dafür ist das Zinsniveau (Renditeerwartungen für Eigenkapital und Zins Fremdkapital) nur etwa halb so hoch. Der höhere Wirkungsgrad von Photovoltaik im Süden wir also durch die höheren Kapitalkosten im Süden wieder aufgefressen.

Schauen wir uns die Zahlen an:

… und konzentrieren und zunächst auf die Spalte „Erzeugung“

  • Photovoltaik erreicht in Deutschland nur ca. 1100 Volllaststunden im Jahr. Und das Jahr hat 8760 Stunden. Trotzdem: Dank Preisverfall bei PV-Modulen und geringer Kapitalkosten liegen wir nur bei 15 Cent/KWh Erzeugungskosten
  • Noch günstiger ist Wind. Obwohl Windmühlen im Binnenland (nicht an der Küste) über’s Jahr nur soviel Strom erzeugen, als wenn sie 1300 von 8760 Stunden im Jahr mit voller Leistung laufen würden.
  • Nun zu den „Großtechnologien“ – Offshore und Wüstenstrom (am bekanntesten ist hier das Desertec Konzept): Überraschung bei Offshore-Wind: Trotz fast 3x so viel Volllaststunden (der Wind über der See weht halt beständiger) wie Binnenlandwindmühlen ist der Stromerzeugungspreis höher, dank deutlich höherer Investitions- und Kapitalkosten incl. Risikozuschlag. Aus den gleichen Gründen wäre Desertec-Strom ebenfalls teurer.

Aber halt – jetzt machen einen ungerechten Vergleich. Schließlich brauchen wir ja nicht nur 1100 Stunden im Jahr Strom, sondern 8760 Stunden. Wir möchten ja Kernkraftwerke ersetzen, die auf 7700 Volllaststunden kommen. Daher müßten doch 4000 regenerative Volllaststunden viel wertvoller sein als 1100 Stunden – weil aufwändige Speichertechnologie vermieden wird. Stimmt! Deswegen haben ich im zweiten Schritt mal inklusive Speicheraufwand gerechnet.

Dazu habe ich mit (zum Beispiel) Photovoltaik die Erzeugungscharakteristik eines Kernkraftwerkes simuliert. Während der Volllaststunden wird ein Speicher gefüllt, der in der (statistischen) Zeit zwischen 1100 und 7700 Stunden wieder entladen wird. Den Wirkungsgrad des Speichers habe ich mit 36% angenommen: 60% Power-to-Gas Wandlung, und nochmal 60% bei der Rückverwandlung des Gases in Strom. 36% mag niedrig erscheinen, aber ich sehe nicht, wie wir in Deutschland im großtechnischen Maßstab Pumpspeicherkraftwerke (die hätten 80% Wirkungsgrad) oder Batteriespeicher aufbauen können. Dann schon eher bewährte Technologie: Gasnetz und GuD-Kraftwerke. Bei Desertec habe ich zusätzlich 5% Verlust pro 1000km Transport eingerechnet.

Die Kombination „Erzeugung und Speicherung“ wird jetzt sicherlich das Pendel in Richtung der großen zentralisierten Anlagen mit der hohen Volllaststundenzahl ausschwingen lassen, oder?

Überraschenderweise immer noch nicht:

Der Solarstrom- und Binnenwindpreis steigt zwar um den Faktor 2,5, während der Desertec- und Offshorewindpreis nur um Faktor 2 steigt.

Trotzdem liegt Binnenwind immer noch vorne, und die kleine Photovoltaikanlage auf einem bayerischen Hausdach erzeugt Strom zu den gleichen Kosten wie in Solarkraftwerke in Nordafrika das könnten. Das Panel auf dem Dach heute ist also nicht schlechter als die erst geplanten Spiegel in der Wüste.

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Berlin, Berlin, wir fahren nach Berlin!

Berlin ist immer eine Reise wert, auch wenn es eine Dienstreise und kein Besuch des Fußball-Pokalendspiels ist. Dieses Mal bin ich mit dem ICE von München hin- und zwei Tage später mit dem City-Night-Line im Schlafwagen wieder zurückgefahren.

Eine subjektiv sehr angenehme Methode (vor allem die Rückfahrt) – aber war das auch die energieeffizienteste Art und Weise, nach Berlin zu kommen?

Der Umweltmobilcheck der Bahn gibt eine eindeutige Antwort: Die Bahn verbraucht auf der Strecke München-Berlin etwa 3,5x weniger Primärenergie (also inklusive der Verluste bei der Strom- bzw. Kraftstoffherstellung) als Auto oder Flugzeug.

Kann das stimmen? Schauen wir nach wie die Bahn rechnet:

  • Erstens rechnet sie mit einem Dieselverbrauch von 5,5 Liter/100km Autobahn. Da könnte ich also für mein Auto 20% abziehen. Bleibt immer noch Faktor 3
  • Zweitens rechnet sie beim ICE mit einer Auslastung von fast 50%. Das ist gewagt, wie die FAZ hier vorrechnet. Gefühlt war die Auslastung meines Zuges auch bei höchstens 25%. Also nur noch Faktor 1.5
  • Zufahrtsumwege (wie bei der FAZ angesprochen) hatte ich nicht. 10 Minuten U-Bahn zum Bahnhof in München, 5 Minuten zu Fuß zum Hotel in Berlin. Es bleibt also bei Faktor 1.5
  • Fazit für die Hinfahrt mit dem ICE: Energieeffizienztechnisch gegenüber dem Auto (oder dem Flugzeug) kein großer Vorteil. Allerdings hat der ICE größere Vorteile auf einem ganz anderen „Energielevel“: Entspannt einsteigen, viel Platz (bei Auslastung 25%…), dösen, lesen, arbeiten, Landschaft gucken – kein Vergleich zu den Alternativen

Also alles zusammen subjektiv 1:0 für den Zug. Wie steht es nun mit dem Rückweg?

  • Ein CNL bringt natürlich weniger Menschen in einem Waggon unter als ein normal bestuhlter ICE: Maximal 36 Schlafplätze statt 74 Sitzplätze. Und da ich ja hier mit einem von nur einer Person besetzten Auto vergleiche muß ich sogar 18 Einzelkabinengäste mit 74 Sitzplatzfahren vergleichen. Eine Auslastung 25% wäre damit auch für die Rückfahrt realistisch.
  • Dafür fährt der CNL sehr viel langsamer als der ICE, was den Energieverbrauch pro Personenkilometer deutlich reduziert.
  • Wieder kein deutlicher energetischer Vorteil. Eine sehr schöne und fundierte Diskussion zum Vergleich „Hochgeschwindigkeits-Nachtzüge versus Fliegen“ hier im ICE-Treff Forum kommt – sowohl „bottom up“ als auch „top-down“ gerechnet – zu einem ähnlichen Ergebnis: Nur ein vollbesetzter Nachzug wäre energetisch im Vorteil. Ein 25% ausgelasteter Nachtzug im Vergleich zu einem 70% ausgelasteten Flieger macht keinen großen Unterschied.

Also bleibt wieder die subjektive Entscheidung, ob man nach Flug mit dem normalerweise immer verpäteten „Lumpensammler“ und nochmal 45min aufs Gepäck warten um Mitternacht zu Hause sein will (der Satz war jetzt subjektiv gefärbt, zugegeben), oder am nächsten Morgen ausgeruht, frisch gewaschen und befrühstückt in den Hauptbahnhof einfährt.

Fazit: Ein bahnliebhabersubjektives 2:0 für die Bahn, aber wattrechnertechnisch ein Patt – 0:0

Was meint Ihr? Fahrt Ihr lieber Zug, Auto oder Bahn? Fließt die Energieeffizienz in Eure Entscheidungsfindung bei der Wahl des Verkehrsmittels ein? Ich freue mich über Kommentare!

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Wir Energieverschwender, Teil 4 – Strom

Nach den beiden Spitzenplätzen auf der privat beeinflußbaren Energieverbraucherrangliste – belegt von Heizung und Auto – kommt eine große Lücke, und dann der Strom: 4,7 KWh im Durchschnitt pro Tag und Person, im Vergleich zu 14 KWh/Tag/Person Individualverkehr und 19 KWh/Tag/Person Heizung.

Trotzdem ist es wichtig, sich mit dem Stromverbrauch zu beschäftigen, denn jede Kilowattstunde Strom benötigte im Jahr 2010 durch Verluste bei Erzeugung und Verteilung drei Kilowattstunden Primärenergie. Womit wir auf gleicher Höhe wie der diesel- und benzinbetriebene Individualverkehr wären – Verluste bei Erzeugung von Diesel und Benzin mal außer acht gelassen.

Also will ich heute, wie schon bei den vorherigen Kapiteln der „Energieverschwender“-Reihe, ausloten, wieviel Potential zum Stromsparen noch vorhanden ist. Dabei lasse ich Effizienzpotentiale bei Erzeugung und Verteilung außen vor, sondern konzentriere mich nur auf den Stromverbrauch ab Steckdose.

Ein durchschnittlicher 4-Personen Haushalt verbraucht also 4 x 4,7 = 19 KWh Strom pro Tag und zahlt dafür 1700 Euro im Jahr (bei 25 Cent/KWh). In dem Durchschnittswert steckt mit drin, daß bei 20% der Haushalte auch Warmwasser mit Strom erhitzt wird.

Mein eigener 4-Personen Haushalt verbraucht aktuell knapp 7 KWh Strom pro Tag. Das kostet 600 Euro im Jahr. Gekocht und Wasser erhitzt wird mit Gas. Der Stromverbrauch teilt sich wie folgt auf:

Die letzten drei Bestandteile sind dabei „virtuelle“ Verbräuche, also bei uns nicht vorhanden. Ein elektrischer Wäschetrockner (hellgrau) braucht ungefähr doppelt soviel Strom wie eine Waschmaschine. „Virtueller“ Strom für Kochen (zartblau) und Warmwasser (weiß) ist aus unserem sommerlichen Gasverbrauch abgeleitet.

Was kann dieses Schaubild jetzt die Frage zu beantworten helfen, wo Effizienzpotentiale stecken?

  1. Warmwasser wenn möglich mit Primärenergie erzeugen – 6KWh Gas ersetzen 6KWh Strom mit einem „Primärenergieschatten“ von 18KWh
  2. Ebenso beim Kochen – wenn Gas im Haus ist
  3. Wäsche auf dem Wäscheständer trocknen

OK – das drückt den Stromverbrauch von 12KWh/Tag auf 7KWh/Tag (die bunten Anteile am Ringbild oben). Und dann? Welche der weiteren Posten wären verzichtbar?

  1. Alle Geräte wie Kühlschrank/Geschirrspüler/Waschmaschine usw. sind bereits Energieeffizienzklasse A oder besser. Die Computer sind Laptops. Die Lampen meist Energiesparlampen. Nichts mehr zu machen.
  2. Schauen wir auf die Dauerverbraucher:
    1. Ein Sat-Multischalter, der  jede Stunde 13 Watt verbraucht: Macht im Jahr 114KWh, fast 5% den Gesamtverbrauchs
    2. Der EeePC File- und Backupserver, der  jede Stunde 18 Watt verbraucht: 158KWh, gut 6% den Gesamtverbrauchs
    3. Diverse Stand-By Verbräuche für Fernseher, Spielkonsole, Fritzbox, Laptops im Ruhezustand, Netzteile usw.: Auf Basis von Meßwerten geschätzt 25 Watt jede Stunde, also 219KWh im Jahr oder 9% des Stromverbrauchs

Würde ich all diese Dauerverbraucher nur bei Bedarf einschalten, könnte ich also noch fast 500KWh Strom sparen. 1500KWh Primärenergie. Dafür kann ich auch einen Monat heizen. Oder 3000 Kilometer Autofahren.

Fazit: Wo sind Effizienzpotentiale beim privaten Stromverbrauch?

  1. Die großen Klopper, die aber häufig einen Wechsel der Infrastruktur voraussetzen: Warmwasser und Kochen mit Gas statt Strom
  2. Energieeffiziente Geräte, Beleuchtung usw. Das bringt einen auf einen Level von 40-50% des Durchschnittsverbrauchs (Warmwasser herausgerechnet)
  3. Weitere 20% von diesem Level aus einzusparen werden dann allerdings richtig mühsam: Explizites Ein- und Ausschalten statt 24h-Betrieb von Kleinverbrauchern und Stand-By Verbrauch. Aber in den Keller gehen, Multischalter einschalten, bevor ich fernsehe? Oder Fritzbox einschalten, bevor ein Familienmitglied im Internet surfen will? Server erst hochfahren, wenn ich auf ein Shared Laufwerk zugreifen will?

Was meint Ihr? Lohnt es sich, diese letzten 20% anzugehen? Gibt es vielleicht clevere Schaltlösungen dafür? Schreibt einen Kommentar!

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Das nächste 3-Liter-Auto fährt elektrisch – nur wann?

Mitsubishi i MiEV

Mitsubishi i MiEV (Quelle: Wikipedia)

Letzte Woche habe ich mich an das erste „3-Liter-Auto“, den Lupo 3L, erinnert und nachgerechnet, daß der geringe Dieselverbrauch damals hauptsächlich dem geringen Fahrzeuggewicht und geringer Querschnittsfläche geschuldet war.

Der Wirkungsgrad des Lupo 3L Motors (innerorts und außerorts kombiniert nach NEFZ) ist 26%. Ein elektrischer Antrieb mit 78% Wirkungsgrad sollte also sogar ein 1-Liter Auto möglich machen, oder?

Rechnen wir nach. Um Vergleichbarkeit herzustellen, benutzen wir den oben schon erwähnten NEFZ Fahrzyklus. Damit ermittelte Verbrauchsdaten kennt jeder unter dem Stichwort „Außerorts/Innerorts/kombiniert“. NEFZ Innerorts simuliert Stadtfahrt – Beschleunigen auf 16km/h, an der Ampel halten, wieder beschleunigen auf 32km/h, an der Ampel halten, beschleunigen bis 50km/h (hurra), wieder halten – der ganze Zyklus vier mal, knapp vier Kilometer in 13 Minuten. NEFZ Außerorts simuliert Landstraße – in Schritten Beschleunigen bis zuerst 70km/h, danach auf 120km/h – knapp sieben Kilometer in knapp sieben Minuten.

Tachy von www.nie-mehr-benzin.de hat einen tollen NEFZ Rechner (XLS-Datei) ins Netz gestellt, welcher anhand der gleichen Eingangsdaten, die auch ich letzte Woche verwendet habe (Fahrzeuggewicht, Querschnittsfläche, cw-Wert und Rollwiderstand), den Mindestenergieaufwand zum Durchfahren des NEFZ Zyklus ausrechnet. Damit können wir jetzt Wirkungsgrade vergleichen – vom Lupo 3L, einen ähnlich großen Elektrofahrzeug, dem Mitsubishi I-MiEV, und als Ehrengast wieder meinem Roomster.

Schauen wir auf die „NEFZ Kombiniert“ Werte.

Erste Frage: Sind die offiziellen NEFZ Verbrauchswerte realistisch? Diese Frage kann eindeutig mit „Ja“ beantwortet werden: Mein Roomster-Durchschnittsverbrauch bis jetzt ist 4,5 Liter/100km, der Durchschnittsverbrauch von acht I-MiEV Fahrern auf spritmonitor.de entspricht verblüffend genau dem NEFZ Wert von 13,5 KWh/100km, und die Top 10 der Lupo 3L Fahrer dort erreichen ebenfalls die 3 Liter/100km.

Zweite Frage: Ist ein Elektroauto effizienter (und sind 78% Wirkungsgrad machbar)? Antwort: Ebenfalls ganz eindeutig „Ja„. Der Wirkungsgrad ist in allen Fahrzyklen wo auch beschleuigt und gebremst wird ist immer 3x besser als die Dieselmotoren des Lupo oder Roomster. Beim Fahrzyklus „NEFZ kombiniert“ erreicht das Elektroauto sogar 88% Wirkungsgrad.

Dritte Frage: Ist das Elektroauto absolut sparsamer im Umgang mit Primärenergie, also ein echtes „1-Liter-Auto“? Und hier ist die Antwort ein nachdrückliches „Es kommt darauf an„:

  • Erstens wiegt der I-MiEV fast 30% mehr als der ähnlich große Lupo, braucht also schon mal absolut mehr Energie: 13,5 KWh/100km entspräche einem „1,35-Liter-Auto“
  • Zweitens gilt „Strom aus der Steckdose = Primärenergie“ nur wenn dieser 100% aus Sonne, Wind oder Wasser stammt. Wenn dies nicht garantiert werden kann, müssen wir zum Verbrauch die Verluste im Kraftwerk und Stromnetz hinzurechnen.
    Wie hoch sind diese in Deutschland anzusetzen? Dazu schaue ich mal wieder in die BMWi Energiedaten, und setze gesamte Stromerzeugung und Verluste im Energiesektor (Erzeugung und Verteilung) ins Verhältnis. Für 2010 kommt ein Wirkungsgrad von 32% heraus. Damit wird der 3x bessere Wirkungsgrad des I-MiEV Motors komplett wieder aufgefressen. Es bleibt ein durch das höhere Gewicht bedingter absolut höherer Energieverbrauch als der Lupo 3L. Der I-MiEV ist dann ein 4-Liter Auto – kaum besser als der deutlich größere Roomster.

Ein schönes Bild, welches Energieverbrauch von Elektroautos und konventioneller Fahrzeuge in Beziehung setzt (in Abhängigkeit wo der Strom produziert wird), findet sich bei der Agentur für Erneuerbare Energien.

Fazit: Als Mittel, unseren „125 KWh Primärenergie pro Person und Tag“ Fußabdruck zu senken, eignen sich Elektroautos nur dann, wenn wir aus diesen 125KWh vorher schon die Stromerzeugungsverluste hinunteroptimiert haben. Zum Beispiel durch Ausbau von Wind- und Solarstrom.

Das nächste 3-Liter-Auto in Größe eines Lupo wird elektrisch fahren, und zwar genau dann, wenn der Wirkungsgrad des Stromerzeugungs- und Stromverteilungsystem 45% erreicht hat. Extrapoliert man die Effizienzgewinne seit 1990 (6 Prozenzpunkte) in die Zukunft, müssten wir bis 2050 warten. Wollen wir hoffen, dass das mit Hilfe der Energiewende schneller geht…

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Kein Platz für Fleisch?

Die Deutschen bestreiten derzeit 30% ihres Kalorienbedarfs mit Milchprodukten, Fleisch und Eiern. Wie groß ist der Anteil am Primärenergieverbrauch jedes einzelnen?

Wie Axel Woitowitz in seiner Dissertation (gefunden über Bioland) nachgewiesen hat, müssen für die Herstellung und Verteilung von Milchprodukten, Fleisch und Eiern 4,3 KWh pro Person und Tag aufgewendet werden. Das liegt irgendwo zwischen Flugbenzin (3,4 KWh/P*Tag) und dem privaten Stromverbrauch (4,7 KWh/P*Tag plus Verluste im Kraftwerk). Nahrungsmittel aus tierischer Quelle hätten also durchaus einen Platz in meiner „Energieverschwender„-Liste verdient.

Ein Anteil von 3% des Gesamt-Primärenergieverbrauch ist zwar bemerkenswert, eine Substitution, zB mit erneuerbarer Energie, ist aber technisch denkbar. Problematischer ist da schon der Anteil von fast 7% an den CO2-Äquivalent Emissionen.  Aber noch wichtiger ist es in diesem Fall, den Flächenverbrauch zu betrachten. Weiter bei  Axel Woitowitz lesen wir, daß der Flächenverbrauch für Milchprodukte, Fleisch und Eier heute bei knapp 10 Millionen Hektar liegt. Das ist fast ein Drittel der Gesamtfläche Deutschlands und zwei Drittel der landwirtschaftlich genutzten Fläche (Acker- und Grünland). Die gesamte Fläche in Deutschland ist entweder bebaut, bewaldet oder landwirtschaftlich genutzt. Wir liegen also bereits am Limit der theoretisch zur Verfügung stehenden Ressourcen.

Nun ist die Bevölkerungsdichte in Deutschland ja recht hoch. Vielleicht stehen woanders mehr Ressourcen zur Verfügung? Nein. Deutschland stellt 1.2% der Weltbevölkerung und auch 0.8% des weltweit verfügbaren Ackerlandes. Also ungefähr den gleichen Prozentsatz. Und: In Deutschland wird sogar 20% mehr Fleisch produziert als konsumiert: 8,1 zu 6,7 Millionen Tonnen im Jahr. Also möchte ich für meine weiteren Berechnungen die Produktionskapazität in Deutschland als obere Grenze für den Verbrauch ansetzen.

Ist denn eine Reduktion dieses Energieverbrauchsanteils überhaupt erstrebenswert? Immerhin reden wir nicht über „Fahre ich zum Metzger oder gehe ich zu Fuß?“ sondern über die Frage „Was esse ich, um satt zu werden und gesund zu bleiben?„. Die Meinungen gehen auseinander, ob das in Deutschland konsumierte gute Kilogramm Fleisch, Eier und Milchprodukte am Tag zu viel oder zu wenig sind. Eine sehr interessante Ernährungsform zum Beispiel, die Paleo-Ernährung, fordert:

  • sich so zu ernähren wie es der Mensch in der längsten Zeit seiner evolutionären Entwicklungsphase getan hat, als Jäger und Sammler,
  • damit ungefähr 60% des Kalorienbedarfs aus tierischen Nahrungsmittels zu decken: Fleisch, Eier, Butter (Milchprodukte sind umstritten),
  • diese Nahrungsmittel natürlich nur aus ökologischem Anbau zu beziehen, etwa Rindfleisch von im Sommer auf Weiden grasenden Tieren.

Würde jeder Deutsche sich so ernähren, wie viel Fläche würde das erfordern? Eine grobe Überschlagsrechnung für die ganze Welt haben Constantin, der Autor des Paleosophie-Blogs, und ich während des ersten Paleosophie-Podcasts letztes Jahr gemacht: Wenn sich die ganze Welt paleo-gemäß ernähren würde, wäre doppelt so viel Weidefläche erforderlich wie vorhanden. Wobei eine gewisse Unsicherheiten über die Quellenlage herrschte, wie viel Weidefläche überhaupt weltweit zur Verfügung steht und genutzt werden kann.

Also möchte ich jene Überschlagsrechnung in diesem Artikel für Deutschland genauer fassen. Alle wichtigen Zahlen finden sich nämlich in der Dissertation von Axel Woitowitz.

Wie schon erwähnt, benötigt der aktuelle Fleisch, Milch- und Ei-Konsum in Deutschland knapp 10 Millionen Hektar (11 Millionen inklusive Export). Eine Umstellung auf ökologische Landwirtschaft (bei gleichbleibendem Verbrauch) würde den Flächenverbrauch auf 14,4 Millionen Hektar vergrößern. 6 Millionen für Milchprodukte, 2 Millionen für Rindfleisch, 4,4 Millionen für Schweinefleisch und 2 Millionen für Geflügelfleisch und Eier. Alles für 30% unseres Kalorienverbrauchs (in den auch noch 2% Fisch eingehen, welches wir hier bei der Flächenbetrachtung aber ausklammern).

Was wäre also, wenn sich jeder Deutsche nach Paleo ernähren würde? Oder so viel Fleisch konsumieren würde wie ein Amerikaner?

  • Amerikaner: 122 statt 88 kg Fleisch, gleich viele Milchprodukte und Eier, alles ökologisch erzeugt: 17,2 Millionen Hektar
    -> 156% der zur Verfügung stehenden Fläche
  • Paleo: Gleich viele Milchprodukte (hauptsächlich verarbeitet als Butter), aber 3x so viel Fleisch und Eier wie heute (um auf 60% Anteil an den Gesamtkalorien zu kommen), alles ökologisch erzeugt: 31 Millionen Hektar
    -> 281% der zur Verfügung stehenden Fläche

Natürlich würde sich im Paleo-Fall der Anteil an für Getreideanbau genutzer Fläche (heute 6 Millionen Hektar) reduzieren – trotzdem läßt sich als Fazit ziehen:

Wir haben in Deutschland 2,5x zu wenig Fläche, um eine Paleo-Ernährung für jedermann zu ermöglichen. Vielmehr müßte jeder Deutsche seinen Milchprodukt-, Fleisch- und Ei-Konsum um 30% einschränken, um eine ökologische Herstellung dieser Güter auf den in Deutschland zur Verfügung stehenden Flächen zu ermöglichen.

Was meint Ihr? Mehr Fleisch oder weniger Fleisch? Sollten wir unsere Nahrungsmittelwahl überhaupt von Ressourcengrenzen wie Energieeinsatz, CO2-Äquivalent oder Flächenverbrauch einschränken lassen? Schreibt einen Kommentar und teilt Eure Meinung zu den Zahlen oben mit allen Lesern!

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Wir Energieverschwender, Teil 3 – Das Auto

Lupo3L Drehzahlmesser (Quelle: Wikipedia)

Lupo3L Drehzahlmesser (Quelle: Wikipedia)

Vor zwölf Jahren fuhr ein VW Lupo 3L mit 793 Litern Diesel um die Welt – ein Durchschnittsverbrauch von 2,4 Litern Diesel auf 100km. Auch heute noch führt dieses Fahrzeug die Sparsamkeitsrangliste auf spritmonitor an: Die 158 Lupo 3Ls dort verbrauchen im Schnitt 3,7 Liter, die Spitzengruppe ist nicht weit weg von den Rekordwerten der Weltreise aus dem Jahr 2000.

Damals wie heute, und auch 1991 schon, lag der Primärenergieverbrauch für den automobilen Individualverkehr bei gut 14 KWh pro Tag und Person. Platz 2 auf unserer Energieverschwenderliste. Gleichzeitig ist der Durchschnittsverbrauch aller Autos in Deutschland (Otto- und Dieselmotoren) laut Wirtschaftsministerium seit 1990 von 8,8 auf 6,6 Liter pro 100km gefallen. Fortschritte bei der Motorentechnologie wie beim Lupo 3L wurden also offensichtlich durch erhöhte Fahrleistungen wieder ausgeglichen.

Wie viel Effizienzpotential steckt noch im Auto? Sind Werte jenseits der 2,4 Liter auf 100km möglich? Antwort: Nein. Nicht mit Autos heutigen Gewichts und heutiger Größe.

Die zugrundeliegende Physik hat David MacKay in seinem Buch „Renewable Energy – Without the Hot Air“ (deutsch bei Thomas Kerscher) ausführlich hergeleitet: Anhang A: Autos II (Link zur deutschen Fassung). Im wesentlichen hängt der physikalische Energieverbrauch beim Autofahren von der Geschwindigkeit, dem Gewicht, dem cw-Wert und der Querschnittsfläche ab. Weniger als diese Energie kann ein Auto für eine bestimmte Wertekombination aus Geschwindigkeit, Gewicht, cw-Wert und Querschnittsfläche nicht brauchen. Setzt man diese Energie zu dem tatsächlich gemessenen Spritverbrauch in Relation, kommt man auf einen Wirkungsgrad: Nutzenergie zu eingesetzte Primärenergie.

Mit Hilfe des „Wirkungsgradrechners für Autos“ bei pege.org geht das ganz einfach. Ich habe die Rechnung mal für meinen Skoda Roomster gemacht. Der wiegt laut Datenblatt 1322 Kilogramm, hat einen cw-Wert von  0,325 und eine Querschnittsfläche von 2,71 Quadratmeter. Bei konstant 100km/h braucht er damit mindestens 15,2 KWh Energie 100km.

Tatsächlich verbraucht der Roomster bei 100km/h etwa 4,2 Liter Diesel, also 40 KWh Energie. Der Wirkungsgrad beträgt damit 37%.

Der „Wirkungsgradrechner für Autos“ beantwortet auch die Frage, warum ein Skoda Fabia Combi – gleiche Plattform, gleicher Motor – einen 12% niedrigeren Normverbrauch als der Roomster hat: 7% weniger Gewicht, etwas besserer cw-Wert, aber vor allem 10% weniger Querschnittsfläche als der doch recht hoch bauende Roomster. So errechnet pege.org 12,6% weniger Energie für eine Geschwindigkeit von 100km/h. Gleicher Motor, gleicher Wirkungsgrad, also 12,6% niedriger Normverbrauch!

Womit wir zurück bei meinem „Nein“ zu der Frage sind, ob Autos noch viel sparsamer werden können. Denn das können sie nur, wenn sie deutlich leichter und (von der Querschnittsfläche her) kleiner werden.

Der Lupo 3L zB wiegt nur 830kg, hat einen cw-Wert von 0,29 und eine Querschnittsfläche von 2,36qm. Setzt man das Durchschnittstempo der Weltrekordfahrt an (86km/h), so errechnet sich dafür mit pege.org ein Motorwirkungsgrad von 41% – gar nicht so viel besser als beim Standard TDI Motor meines Roomsters. Der Schlüssel zum Rekordverbrauch ist hauptsächlich das geringe Gewicht!

Das für 2013 geplante „1-Liter-Auto“ VW XL-1 soll 795kg wiegen, einen cw-Wert von 0,186 und eine Querschnittsfläche von nur 1,93qm haben. Das ergäbe bei einem Wirkungsgrad von 41% einen Dieselverbrauch von 1,5 Litern. Für den angestrebten Verbrauch von 0,9 Liter Diesel wäre ein Wirkungsgrad von 68% nötig – herausfordernd aber nicht technisch unmöglich.  Vor allem, wenn dank Hybridtechnik ein außerhalb der Dieselbilanz aufgeladener Elektromotor hilft, die zum Vortrieb nötigen 6 KWh/100km aufzubringen.

Fazit: Deutlich bessere Verbrauchswerte beim Automobil sind nur möglich wenn:

  • Das Fahrzeuggewicht deutlich sinkt. Ein Mittelklasse Bestseller wie der Audi Q5 wiegt heute allerdings eine satte Tonne mehr als ein Lupo 3L im Jahr 2000.
  • Die Querschnittsfläche deutlich kleiner wird. Unter 2qm bedeutet Sportwagen-Flunderprofil wie beim XL-1, ein Kleinwagen hat 2,5qm. Der Trend (siehe Q5 oben) geht allerdings über die 3qm hinaus.
  • Der Wirkungsgrad des Motors besser wird. Dieselmotoren sind hier effizienter als Ottomotoren – aber eine Verbesserung weit über die 41% hinaus ist nicht absehbar. Hybridkonzepte heben den Teillastwirkungsgrad (Stadtverkehr) von um die 10% mehr in Richting der 41%, weil Elektromotoren Wirkungsgrade von über 90% erreichen. Allerdings muß bei Strom natürlich immer beachtet werden, daß bei der Erzeugung – so nicht aus Wind, Sonne oder Wasserkraft hergestellt – 46% Wirkungsgrad anfällt.
  • Wir einfach weniger fahren. Verbrauch ist schließlich Effizienz „Liter pro Kilometer“ mal „Kilometer“. Weniger Kilometer, weniger Verbrauch. Also mehr Fahrradfahren. David MacKay hat die oben diskutierten Einflußfaktoren Gewicht und Querschnittsfläche auch für Fahrräder ausgerechnet. Das Ergebnis: Verglichen mit einem mit einer Person besetzten Durchschnitts-Auto ist ein Fahrrad 30x energieeffizienter.

Was meint Ihr? Wie spart Ihr Sprit? Trauert Ihr dem Lupo 3L nach? Oder seid Ihr schon auf der Warteliste für den XL-1? Schreibt einen Kommentar und teilt Eure Meinung zu den Zahlen oben mit allen Lesern!

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Die Cloud ist grün

Gestern hat Greenpeace eine Studie „How green is your cloud (PDF)“ vorgestellt. Ein Thema, was auch mich schon länger umtreibt. Im wesentlichen werden bei Greenpeace zwei Punkte thematisiert:

  1. Das Internet (heutzutage gerne als „Cloud“ bezeichnet) verbraucht zunehmend viel Strom
  2. Dieser Strom kommt in vielen Fällen nicht nachweisbar aus „grünen“ Quellen.

In diesem Artikel möchte ich Punkt (1) näher untersuchen. Greenpeace sagt, daß von 2005 – 2010 der Stromverbrauch von Rechenzentren um 56% gestiegen ist, weil dort mehr und mehr unserer Daten verarbeitet werden. Man könnte diese Studie daher so verstehen, daß die Cloud den Trend zu immer mehr persönlichem Stromverbrauch verstärkt.  Dem möchte ich entschieden widersprechen: Denn die Betreiber von Cloud Rechenzentren zähle ich zu der in meinem „Wie setzten sich die 125KWh Energieverbrauch pro Tag und Person zusammen?“-Bild zur Gruppe „Industrie“. Dort ist seit 1990 der Stromverbrauch um 17% gesunken, relativ zum Bruttosozialprodukt noch viel mehr. Warum? Weil in der Industrie Stromverbrauch ein maßgeblicher Kostenfaktor ist, der ständig optimiert wird. Ganz im Gegensatz zu den Privathaushalten, wo ein paar KWh mehr anscheinend nicht so schmerzen.

Aus energetischer Sicht ist Cloud Computing also effizient, weil für die Betreiber von Rechenzentren Strom einer der größten Kostenblöcke ist. Jede gesparte KWh pro Kunde bedeutet mehr Gewinn.
Cloud Computing hat damit grundsätzlich das Potential, Rechenleistung vom tendenziell ineffizienten IT-Betrieb zu Hause durch hocheffizienten, zentralisierten IT-Betrieb in der Cloud zu ersetzen. Gut im Sinne der Energieeffizienz.

Nehmen wir als konkretes Beispiel meine Infrastruktur zu Hause. Ich betreibe einen Homeserver auf einem EeePC der ersten Generation, der 450 Wh Strom am Tag verbraucht. Ein halbe Kilowattstunde, mehr als ein moderner Kühlschrank. Dieses Blog dagegen wird bei Strato gehostet, also in der „Cloud“. Wie viel Strom verbraucht es wohl?

Im Jahr 2009 hat Strato verkündet, daß seine zwei Rechenzentren mit 40.000 Servern so viel Strom verbrauchen wie 5000 4-Personen-Haushalte. Das sind (wieder anhand meiner Lieblingstabelle, den BMWi Energiedaten, umgerechnet) 94.000 KWh am Tag. Auf den 40.000 Servern werden vier Millionen Domains gehostet. Manche davon brauchen mehr Leistung, andere weniger – ich nehme hier mal an, daß der Wattrechner etwa in der Mitte liegt. Wenn sich mit 94.000 KWh also ungefähr vier Millionen Wattrechner betreiben lassen, so verbraucht ein www.wattrechner.de 24 Wh am Tag – fast 20x weniger als mein schon sehr sparsamer EeePC Server zu Hause.

Woran liegt das? An der Serverauslastung, und damit eigentlich an der Effizienz „Rechenzyklen pro Strom“. Auch ein Server, der nichts zu tun hat, braucht Strom – und mein Server zu Hause hat meist nichts zu tun, sondern wartet, daß wir etwas von ihm wollen. Bei Strato in der Cloud hostet jeder Server um die hundert Domains wie www.wattrechner.de – er hat also immer was zu tun, die Auslastung ist viel höher. Ein vollbesetzter ICE ist ja auch viel effizienter als die hundert Autos mit jeweils nur einem Fahrer auf der Autobahn daneben.

Ist noch mehr Effizienz möglich? Allerdings. Die Anzahl an Rechenoperationen pro Energieanteil verdoppelt sich alle 1,5 Jahre. Bald wird Strato pro Server also 200, später 400 Blogs wie dieses hosten können. Ein modernes Smartphone hat zwar nicht 500GB ausfallsicheren Speicherplatz wie mein Homeserver, kann aber in der reinen Rechenleistung mit meinem vier Jahre alten EeePC mithalten. Und das – bei gelegentlicher Benutzung – mit einer Akkuladung , also typischerweise 5,5 Wattstunden Energie am Tag!

Es mag viele Bedenken zur Cloud geben (Sind meine Daten sicher? Komme ich an meine Daten wenn das Internet gestört ist? Wie lange dauert es, große Datein zu laden usw) – der Stromverbrauch der Cloud-Rechenzentren sollte jedoch unsere geringste Sorge sein.

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Wir Energieverschwender, Teil 2 – Die Heizung zu Hause

„If we’re going to get this country out of its current energy situation, we can’t just conserve our way out. We can’t just drill our way out. We can’t bomb our way out. We’re going to do it the old-fashioned, American way. We’re going to invent our way out, working together.” 

Das sagt Donald Sadoway zu Beginn seines sehr empfehlenswerten TED Talks über Batterien aus flüssigem Metall. Ich stimme ihm zu: Bohren ist keine Lösung, Bomben schon gar nicht, aber: Neben Innovationen gehört selbstverständlich auch Sparsamkeit zur Ressourcenschonung dazu.
Fortschritt ist, wenn sich ein besserer Lebensstandard mit weniger, aber dafür effizienter in Nutzenergie gewandelter Primärenergie erreichen läßt.

In diesem Sinne möchte ich heute in Teil 2 meiner kleinen „Energieverschwender“-Reihe jenes in Teil 1 beschriebene Phänomen genauer untersuchen, daß trotz steigender Effizienz (=Innovation) der absolute Energieverbrauch im persönlichen Bereich (Haushalt und Verkehr) in Deutschland  seit 1990 um 5% gestiegen ist. Fangen wir an mit dem größten Anteil daran:

Der Heizung zu Hause.

Jeder Deutsche verheizt im Jahresmittel 19 Kilowattstunden Energie am Tag – Gas, Öl, Erneuerbare Brennstoffe, Fernwärme und Kohle. Eventuell noch in Betrieb befindliche elektrische Nachtspeicherheizungen lassen wir dabei außen vor, ebenso wie Wärmepumpen – deren Stromverbrauch ist Teil der 5 KWh Strom, den jedermann jeden Tag verbraucht. Selbst wenn wir annehmen, daß 10KWh Primärenergie eingesetzt werden, um die 5KWh Strom zu erzeugen (genauere Rechnung folgt, wenn wir den Stromverbrauch analysieren), so verbrauchen wir doch über das Jahr gesehen zum Heizen mindestens doppelt so viel Energie wie für elektrische Geräte.

So viel? Es gab doch jede Menge Innovationen seit 1990! Gasbrennwertkessel, Niedertemperatur-Fußbodenheizungen, Wärmeschutzfenster, EnEV 2002, 2004, 2007 und 2009…

Schauen wir mal die Entwicklung des von Wärmeschutzverordnungen bzw. Energieeinsparverordnungen (EnEV) über die Jahre verlangten Maximalverbrauchs an (gefunden bei Passipedia):

Die aktuelle EnEV 2009 sieht als maximalen Primärenergiebedarf für Heizung und Warmwasser sogar typischerweise nur noch 70 KWh/m2 pro Jahr vor, also etwa die Mitte zwischen EnEV 2002 und Passivhaus. Das ist immerhin eine Vervierfachung der Effizienz im Vergleich zum vor 1984 gebauten Bestand! Oder anders formuliert: Dank Innovation werden im Jahr 2012 Häuser schon standardmäßig so gebaut, daß 80% der Energieeinsparung auf dem Weg vom „Bestand vor 1984“ bis zum „Nullheizenergiehaus“ realisiert werden. Eine eindrucksvolle Bestätigung des Pareto-Prinzips: „Mit 20% Aufwand 80% Wirkung“.

Aber warum ist dann der absolute Heizenergiebedarf in Deutschland gestiegen? Die Antwort liefert – wie beim letzten Mal – der Mutter aller Energiestatistiken, die “Energiedaten” des BMWi. Multiplizieren wir dort nämlich den Heizenergiebedarf pro Einwohner mit der Wohnfläche pro Einwohner, so kommen wir für die Jahre 1990 – 1994 auf 200 KWh/m2/a, für die Jahre 2006 – 2010 nur noch auf 160 KWh/m2/a. Ich habe mit Fünf-Jahres-Durchschnittswerten gerechnet, um mögliche kalte Winter „herauszurechnen“. Es ist also ein klarer Trend nach unten zu erkennen, allerdings ist der durchschnittliche Energieverbrauch im Bestand 2010 immer noch mehr als doppelt so hoch wie bei Neubauten nach EnEV 2009.

Gleichzeitig ist im gleichen Zeitraum die Wohnfläche pro Einwohner von 35qm auf 43qm gestiegen.  Das sind 23%. Der Heizenergiebedarf pro Quadratmeter ist um 20% gesunken, womit das Geheimnis um den steigenden absoluten Heizenergieverbrauch gelöst ist: Die innovationsgetriebene Effizienz konnte nicht schnell genug umgesetzt werden, um den steigenden Lebensstandard auszugleichen!

Wo sind also die Hebel im Bereich Heizung, in der Energieeffizienzrangliste ein paar Plätze nach vorne zu rücken?

Die Antwort ist meiner Meinung nach die Konzentration auf beschleunigte energetische Modernisierung des Bestands: Die Heizungstechnik, Dämmung, Fenster auf den Level der EnEV 2009 zu bringen hat noch ein Reduktionspotential von etwa 90 KWh/m2/a – und damit (ohne weiteres Wohnflächenwachstum pro Person) 11 KWh Reduktion auf 8 KWh Primärenergieverbrauch pro Tag und Person. Eine Reduktion des Gesamtenergieverbrauchs pro Person und Tag von 125 KWh auf 114 KWh würde Deutschland im Weltbank-Energieeffizienz-Länderranking fünf Plätze nach vorne bringen, von Platz 28 auf Platz 23.

Wo stehe ich selbst? Ein Massivbau-Reihenhaus mit Gasheizung, bewohnt von vier Personen. Laut meinem Energieausweis von 2008 liegt der Ist-Wert für den Primärenergiebedarf bei 78,5 KWh/m2/a für 218m2 Nutzfläche. Pro Person lägen wir damit bei 11,7 KWh am Tag. Die tatsächlichen Gasrechnungen seit 2009 ergeben 52,3 KWh/m2/a, also 7,8 KWh pro Person und Tag. Also trotz überdurchschnittlich großer beheizbarer Nutzfläche pro Person trotzdem der im vorherigen Absatz beschriebene Zielwert. Uff.

Wie sieht es bei Euch aus? Sollten wir uns auf die energetische Modernisierung älterer Häuser konzentrieren oder lieber nur noch Passivhäuser im Neubau zulassen? Schreibt einen Kommentar und diskutiert mit!

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